Interview mit “Dä Tuppes vum Land“ – Jörg Runge

Der Aschermittwoch hat eine großartige Funktion

Er ist aktuell einer der gefragtesten Redner im Kölner Karneval: „Dä Tuppes vum Land“, alias Jörg Runge. Mit seinen pfiffig-frechen Reimen bewegt sich „dä Tuppes“ zwischen traditioneller Büttenrede und modernem Kabarett. Ihm gelingt auf eine besondere Art der Spagat zwischen niveauvoller Unterhaltung und schenkelklopfendem Humor.

Besonders in der heutigen Zeit, in der es Büttenredner immer schwerer haben, die Aufmerksamkeit eines feierwütigen Publikums zu erhalten, ist dies eine besondere Kunst. Zur einigen aktuellen Entwicklungen im Karneval hat „dä Tuppes“ jedoch auch seine ganz eigene Meinung. Kritisch sieht er beispielsweise den „Ganzjahreskarneval“. Im Interview mit dem Rheinischen Karnevals Korporationen verrät der beliebte Redner seine Erfolgs-Formel und gibt Einblicke in seine Karriere, die in den letzten Jahren rasant an Fahrt gewonnen hat.

Sie sind innerhalb von verhältnismäßig kurzer Zeit sehr bekannt geworden. Wie wurden Sie Redner und wie erklären Sie sich die schnelle Popularität? Nach meinen ersten Vorstellabend im Jahr 2006 beim Karnevalsverband Rhein-Erft in Hürth, ging es stetig bergauf. Schon bald darauf war ich in sämtlichen großen Sälen des Rheinlandes unterwegs. Das Reinkommen ist meines Erachtens auch nicht die große Kunst, sondern das dauerhafte Drinbleiben. Dass es mir gelungen ist, über all die Jahre hinweg meine Kreativität zu entfalten, mein Level zu halten und sogar noch zu steigern, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit. Warum die Menschen mögen, was ich mache, kann ich nur erahnen. Ich denke, dass das Publikum sehr genau spürt, dass da jemand steht, dem der Karneval am und im Herzen liegt. Dass da ein echter Jeck steht, der den Karneval liebt. Darüber hinaus ist das was ich mache, ein Stück echter traditioneller Karneval. Das ist heutzutage leider sehr selten geworden.

Sie stehen, wie selbst gerne sagen, für das Comeback der Reimrede – und zwar in rheinischer Mundart und kölscher Sproch. Warum ist ihrer Meinung nach die Reimrede in den letzten Jahren so selten geworden? Da kommen ein paar Dinge zusammen. Einerseits ist es heutzutage schon schwer genug geworden, überhaupt noch als Redner auf der Bühne zu stehen. Sich dann auch noch das Schwerste auszusuchen, nämlich die Reimrede, zeugt entweder von großer Liebe zur Sprache und Humor oder von Schwachsinn. Beides sehe ich bei mir gegeben. Darüber hinaus ist es so, dass die Aufmerksamkeitsspannen in unserer Gesellschaft mit den Jahren immer kürzer geworden sind. Dank permanenter Unterbrechungen durch Smartphone, Internet, WhatsApp etc. hat die Konzentrationsfähigkeit der Menschen rapide gelitten. Eine klassische Typenrede, in der durchgehend nur ein Thema behandelt wird, erscheint mir inzwischen ausgeschlossen zu sein.

Und warum braucht die Reimrede dringend ein „Comeback“? Nicht nur die Reimrede braucht dringend ein Comeback, sondern die karnevalistische Rede insgesamt. In Zeiten täglicher Comedy-Dauerbeschallung und des beliebigen Einerlei, ist die traditionelle Büttenrede arg in den Hintergrund gedrängt worden. Dabei stand die Büttenrede stets als Stilmittel, um der Gesellschaft und den Obrigkeiten den Spiegel vorzuhalten. Das erscheint mir heute wichtiger denn je. Themen gibt es da ja genug und reichlich. Aber Nachwuchskräfte müssen auch die Chance erhalten auf der Bühne zu stehen. Was nützt die beste Büttenrede, wenn man sie zu Hause vor dem Spiegel hält. Gebt den Karnevalisten wieder mehr Raum und Möglichkeiten.

Trotz Reimrede verzichten Sie auf die klassische Bütt. Ist dies nicht ein Widerspruch? Das liegt vor allem daran, dass kaum noch ein Verein eine Bütt auf der Bühne zur Verfügung stellt. Bei der Prinzengarde Köln steht immer eine und da steige ich dann auch hinein und halte meine Rede. Ich gebe aber gerne zu, dass es mir leichter fällt, wenn ich mich frei auf der Bühne bewegen kann.

„Wo Tuppes drauf steht, ist Tuppes drin“, lautet ihr Motto. Das heißt konkret, sie verzichten auf Textschreiber. Wo nehmen Sie ihre Ideen für Themen und Witze her? Textschreiber kommen für mich nicht in Betracht, da ich den Anspruch habe, mich mit meinen Texten zu identifizieren. Umgekehrt schreibe ich aber selbst auch für andere. Zum Beispiel im vergangenen Jahr für das Kölner Dreigestirn oder diverse Nachwuchskünstler, die ich auch coache. Die Themen für meine Vorträge liegen wahrhaftig auf der Straße und irgendwie gelingt es mir stets, auch das Komische darin zu sehen und zu persiflieren. Das ist allerdings richtige Arbeit. Wer meint, er könne mal einen Monat lang die Witze aus dem Internet sammeln, diese aneinanderreihen und vortragen, hat beim Publikum schon verloren.

Greifen Sie auch mal auf die „Klamottenkiste“ zurück, d.h. „reanimieren“ Sie auch schon mal alte Rede und Witze, die beim Publikum in Vergessenheit geraten sind? Grundsätzlich habe ich den Anspruch, dass meine Texte den aktuellen Zeitgeist spiegeln und lege daher großen Wert auf Aktualität. Dennoch kommt es vor, dass zum Beispiel Themen wie Klimawandel schon vor Jahren diskutiert wurden. Wenn es damals schon eine Passage gab, die auch heute noch gut passt, dann ist es meines Erachtens nicht verwerflich, diese erneut einzubauen. Ebenso hatte ich vor etlichen Jahren eine Zugabe-Nummer im Programm, die ich fünf Jahre nicht mehr gebracht und nun nochmal reaktiviert habe, weil sie so schön und bereits irgendwie Kult ist. Faszinierend, wie sehr die Leute diese Nummer immer noch mögen. Fazit: Wer über Jahre hinweg dieselbe Rede bringt oder Witze erzählt, die vor zwanzig Jahren schon alt waren, muss sich nicht wundern, wenn er von Comedians verdrängt wird. Wer aber seine Text-Schätze mit Augenmaß und Sinnverstand einsetzt, wird damit gut fahren. Manchmal widme ich meine Zugabe auch bewusst den Größen vergangener Tage wie z.B. Hans Hachenberg, besser bekannt als die „Doof Noss“. Das kündige ich dann aber auch so an und sage dem Publikum, von wem dieser Text dann ist und ich diesen als Hommage verstanden wissen möchte. Dann ist es toll, wenn man gemeinsam mit dem Publikum sich an lustige Texte vergangener Tage erinnern kann.

Sie legen bewusst Wert auf eine große Themenvielfalt in ihren Reden. Welche „Tabu-Themen“ haben Sie? Gibt es nicht. Vor mir ist nichts und keiner sicher.

Jede Zeile unterziehen sie einer harten Qualitätsprüfung. Wie sieht dies konkret aus? Ich gehe da schon sehr pedantisch vor und schaue mir Inhalte und Versmaß x-mal an, bevor ich damit überhaupt auf die Bühne gehe. Und manchmal stelle ich dann fest, dass der Text erneut ins Finetuning muss. Das ist ein ständiger Prozess. Meistens habe ich beim letzten Sessions- Auftritt am Karnevalssonntag das Gefühl, dass die Rede jetzt so ist, wie ich sie gerne hätte

Wieviel zeitliche Vorbereitung steckt in einer Rede von Ihnen? Monate, Wochen, Tage und Stunden

Der Trend zum Ganzjahres-Karneval ist allgegenwärtig. Der Aschermittwoch ein schöner Anlass zum Herings-Essen, aber für viele Karnevalisten nicht mehr für das Einpacken und Verstauen der Kostüme bis zum 11. November. Warum sehen Sie das kritisch? Das diesjährige Kölner Sessionsmotto lautet „Alles hät sing Zick“ und das sagt im Prinzip schon alles. Wenn wir das ganze Jahr über Weihnachten feiern würden, dann wäre es am Ende nichts Besonderes mehr, sondern würde in Beliebigkeit zerfallen. Ähnlich ist es mit dem Karneval. Wäre das ganze Jahr über Urlaub oder jeden Tag Geburtstag, wo bliebe da noch die Vorfreude darauf? Um die schönen Erlebnisse auch dauerhaft konservieren zu können, muss man sie auch abschließen. Und so hat auch der Aschermittwoch eine großartige Funktion. Man beendet die Session, darf eine Weile in Erinnerungen schwelgen, um sich alsbald auf die nächste fünfte Jahreszeit vorzubereiten. Und sind wir mal ehrlich. Das was da als Ganzjahreskarneval zelebriert wird, hat mit Karneval auch nicht mehr viel zu tun. Currywurst & Pommes geht zwar immer, aber wenn man es täglich vorgesetzt bekommt, schmeckt es irgendwann nur noch fad.

Zum Schluss des Interviews möchten wir natürlich ihren aktuellen Lieblings-Witz hören. Die Grünen wollen gern probiern, Cannabis zu legalisiern, vermutlich wär mit einem Mal, der Spritpreis einem scheißegal.

Das Interview mit Jörg Runge führte unser stellvertretender RKK-Pressereferent Horst Hohn.

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